28. April 2024

Abenteuer Krankenhaus 2024, Teil 1

Eigentlich gehört es ja thematisch gar nicht hier her wenn ich in einem Fahrrad-Blog über meine Krebserkrankung schreibe. Aber zum einen schleicht sich hier sowieso immer mehr und mehr ein gewisser Tagebuch-Charakter ein, wenn es hier etwa auch etwas ausführlicher um das Thema Ernährung/Kochen geht und zum anderen ist das hier ja schließlich meine eigene „spaßbefreite Zone“, in der ich machen kann, was ich will. Vielleicht findet es der eine oder andere ja ganz interessant und kann im besten Falle von meinen Erfahrungen profitieren oder sich mit Fragen an mich wenden.

It’s all about the Money!

Da der Krankenhausaufenthalt vom medizinischen her eigentlich so war „wie immer“, schreibe ich mal lieber über die eine Tatsache, die diesen Aufenthalt für mich etwas besonderer gemacht hat als die elf davor: ich habe mir zum ersten Mal den Aufpreis für ein Zweibettzimmer gegönnt. Was für Privatversicherte Standard ist, fühlte sich für mich so an, als wäre ich die kleine Liesel vom Dorf, die sich in einer Cocktailbar daran erfreut, dass alle Drinks mit Schirmchen serviert werden. Komisches Gefühl, dabei ist das ja nun wirklich nicht sooooo was besonderes wie ein Charterflug im LearJet oder eine Jacht in Monaco. Aber für mich war es eben doch etwas besonderes.

Am Aufnahmetag stand ich pünktlich um 7 Uhr in der Anmeldung und wurde mit einem „Ich ziehe Sie mal vor, weil sie als erstes dran sind“ empfangen. Kurz die Formalitäten klären, dann wurde ich auch schon auf mein vorläufiges Zimmer begleitet, mit der Bitte mich umgehend komplett auszuziehen und das tolle OP-Outfit anzuziehen. Das ging ratzfatz. Schon da habe ich mich gefragt ob das der Tatsache geschuldet ist, dass ich Selbstzahler bin. Doch es ging kurios weiter: normalerweise bekomme ich vor der Operation eine Flüssigkeit in die Blase appliziert, die dafür sorgt, dass die Tumorzellen unter UV-Licht fluoreszieren. Normalerweise bekomme ich dafür immer gut eine halbe Stunde vor OP-Beginn das Teufelszeug per Katheter in die Blase gespritzt. Sehr unangenehm, kann man sich wohl vorstellen. Dieses Mal wurde ich jedoch erst in Vollnarkose versetzt, bevor das „Kontrastmittel“ appliziert wurde. Ob das auch meinem „gehobenen Status als Selbstzahler“ geschuldet ist? Ich werde es nie erfahren.

Der Rest ist dann ja inzwischen echt schon Routine. Rein in den Narkoseraum, Braunüle in die Hand bekommen und wenn der Narkosearzt sagt, dass man langsam etwas merken sollte, sich aus dieser Welt mit einem smarten „Ich sage dann schon mal Tschüss“ abmelden.

Der Eingriff verlief sehr gut, im Aufwachraum gab es was gegen anfängliche Schmerzen und schon ging es aufs Zweibettzimmer. Die sind schön gelegen in der obersten Etage, so dass man – wenn man nicht gerade ans Bett gefesselt ist – einen schönen Ausblick hat. Den konnte ich dann zum Sonnenuntergang auch genießen, als ich das erste Mal nach der OP das Bett verlassen hatte:

Was mir nur jemand vorher hätte sagen sollen: dass man im Zweibettzimmer einen gehobenen Service ohne Aufpreis genießen kann. Heißt: wenn ich’s gewusst hätte, hätte ich mir sicherlich zum Abendessen etwas anderes gegönnt als die Scheiben Graubrot, die es als Standard gibt. Wenn man sich doch vom Koch auch ein Ciabatta mit Salami, Käse oder Schinken hätte machen lassen können?! Kurz vor der Entlassung habe ich dann festgestellt, dass ich mir auch ein All American Breakfast hätte servieren lassen können, mit Rührei, Bacon, Nürnberger Bratwürstchen und Muffin obendrauf. Next time…

Immerhin konnte ich meine private kleine Minibar ein wenig plündern:

Das nächste Mal ist leider nicht allzu lange hin. Da an verschiedenen Stellen in der Blase Tumore gefunden wurden, wird es hier in fünf Wochen einen sogenannten „Second Look“ geben. Heißt: da wird noch einmal im Rahmen einer weiteren OP unter UV-Licht in die Blase hinein geschaut und geprüft, ob sie etwas nicht erwischt haben oder ob es Neubildungen gibt.

King of Pain

Was die Beschwerden angeht, hielt es sich diesmal sogar ziemlich im Rahmen. Nach der OP erwache ich ja immer mit einem Spülkatheter. Heißt: ich bekomme eine 5-Liter-Packung Spüllösung verpasst, die durch den Katheter in meine Blase rauscht und dafür sorgt, dass eventuell vorhandenes Blut nach der OP schnell aus dem Körper heraus transportiert wird. Und wie das immer so ist: so’n Körper findet das anfangs erst mal gar nicht gut, dass da an sensibler Stelle jetzt ein ziemlich dicker Schlauch steckt. Da krampft die Muskulatur ganz gerne erst mal eine Zeit lang herum. Ist ein fieses Gefühl: obwohl durch den Katheter jegliche Flüssigkeit ja normalerweise einwandfrei abgeleitet wird, hat man dann schubweise innerhalb von zwei Sekunden das Gefühl, dass man ganz dringend auf Toilette muss. Das klingt dann innerhalb von 5-10 Sekunden auch wieder ab, kommt dann aber gerne auch schnell wieder. Kurzum: gibt angenehmeres, ist aber auch kein Grund zu verzweifeln. Schließlich hat das tolle Team im Krankenhaus immer ein offenes Ohr für Schmerzen und entsprechende Möglichkeiten mit Schmerzmitteln oder entkrampfenden Medikamenten entgegen zu wirken. Der Rest des Tages verlief dann sehr ruhig und erst in der Nacht gegen 4 Uhr kamen die Krämpfe wieder zurück und haben mich genervt bis gegen 9 Uhr der Katheter entfernt wurde. Dieses Mal bin ich schmerztechnisch also recht gut weg gekommen.

Wasting my time

Im Krankenhaus hat man ja viel Zeit zu überbrücken. Wenn ein Smartphone im normalen Alltag schon ein nützlicher Helfer ist – im Krankenhaus wird es zu einem Segen. Ich hatte schier unendlich viele Podcasts, Serien, Filme, Dokus usw. auf das Handy geladen, so dass ich aus einer großen Auswahl wählen konnte. Nach der OP, wenn man sich eh noch ein wenig groggy fühlt, ist es für mich immer am besten, einfach etwas zu hören und die Augen zu schließen. Diesmal waren es Live-Programme von Atze Schröder und Michael Mittermeier, die mir die ersten Stunden verkürzten. Als eine Nachwirkung der Vollnarkose deute ich einfach mal die Tatsache, dass ich zwei Folgen „Gilmore Girls“ geguckt habe. Abends gab es dann einen Film, der schon seit Wochen auf meiner Watchlist stand: „Letzter Abend“. Ein Pärchen will von Hannover nach Berlin ziehen und lädt für eine Abschiedsfeier alle Freunde zu einem gemeinsamen Abendessen ein. Der Abend entwickelt sich in eine ganz ungeplante Richtung, so dass hier Erinnerungen an den formidablen „Gott des Gemetzels“ wach werden. War ganz unterhaltsam. Was für mich jedoch eine echte Ironie des Schicksals war: da liegst Du im Krankenhaus nach einer Krebs-OP und schaust einen Film. Und auf einmal ist in den Film das Krankenhaus zu sehen, in dem im Jahr 2004 der ganze Kram bei mir losging: das Friederikenstift in Hannover (der Backsteinbau rechts im Bild):

Und in dem runden Haus am linken Bildrand habe ich übrigens meine erste Hochzeit gefeiert. Freud und Leid liegen manchmal eben sehr dich beieinander.

State of Play

Aktuell geht es mir relativ gut. Das Schmerzhafteste während des Aufenthaltes war definitiv das Katheter-Ziehen, das diesmal wieder ziemlich heftig war und bis heute, drei Tage später, die meisten Beschwerden macht. Aber so lange es nur das ist… Also gibt es von mir jetzt erst mal ein symbolisches „Daumen hoch“, vor allem weil mir der Chefarzt gesagt hat, dass ich grundsätzlich gar nicht so lange auf das Radfahren verzichten muss.

Ein Gedanke zu “Abenteuer Krankenhaus 2024, Teil 1

  1. Ich drücke die die Daumen für eine schnelle Genesung und dass der „second look“ möglichst unauffällig aussieht. Und natürlich, dass du es tatsächlich recht schnell wieder aufs Rad schaffst.

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