Ich krieg Puls! – Herzschlag erklärt

Eines der ersten Dinge, die ich zu meinen Anfangszeiten als Hobby-Radfahrer lernen musste: achte auf Deinen Puls! Schnell machte ich die Erfahrung, dass manchmal nur wenige Pulsschläge zwischen einem „wohlbehalten zuhause ankommen“ und einem „erschöpft wie ein Marathonläufer in die Haustür fallen“ liegen.

Pulsuhr

Heute dreht sich hier alles ein wenig um Zahlen. Aber keine Angst: Mathematikkenntnisse werden nicht wirklich benötigt. Ich möchte Euch einfach einmal vermitteln, was unseren Puls ausmacht und warum er beim Radfahren sehr wichtig ist. In einem weiteren Beitrag werde ich dann erklären, wie ich persönlich meinen Puls messe bzw. ihn beim Training beachte.

Disclaimer. Wie sagte die britische Band Moloko schon: „I am not the Doctor“. Mein Wissen habe ich mir über die Jahre auf diversen Infoseiten und Foren angeeignet. Weder ist es der Weisheit letzter Schluss noch sollten sich vor allem Personen, die eh schon gesundheitlich angeschlagen sind, auf diese Aussagen verlassen/berufen. Ich möchte nur versuchen mit möglichst einfachen Worten einige Prozesse des Körpers zu erklären. Selbstverständlich sollte jeder, der sich gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe fühlt, im Zweifel vorab seinen Arzt fragen.

Was ist der Ruhepuls?

Wenn auch nicht jeder seinen Maximalpuls kennen mag oder ihn gar beim Training erreicht: den Ruhepuls kennt bzw. hat jeder. Er bezeichnet nämlich die Anzahl der Herzschläge, die das Herz im Ruhezustand macht. Vielleicht kennt Ihr das: im Krankenhaus messen die Schwestern den Puls immer früh morgens. Nämlich dann, bevor die Patienten sich großartig bewegt haben. Um den eigenen Ruhepuls zu ermitteln, erfühlt direkt nach dem Aufwachen für 15 Sekunden euren Puls. Am besten funktioniert das an der Halsschlagader, etwa eine Handbreit unter dem Ohr. Zählt die Schläge und multipliziert sie mit 4. Nun habt Ihr Euren Ruhepuls.

Beim gesunden Menschen liegt dieser Puls in einem Bereich von ca. 60 bis maximal 80 Schlägen. Ich persönlich würde bei einem Ruhepuls von regelmäßig über 90 Schlägen den Arzt fragen, ob das seine Richtigkeit hat. Sicher ist sicher.

Der Ruhepuls kann ein erstes ganz grobes Indiz für den allgemeinen Gesundheitszustand sein. Ein gesundes und gut trainiertes Herz hat starke Herzmuskeln. Mit ihnen ist es einfacher, große Mengen des Blutes durch den Körper zu pumpen. Und da entsprechend die mit einem Herzschlag beförderte Blutmenge groß ist, werden nicht so viele Schläge benötigt.

Grundsätzlich kann man also sagen, dass ein niedriger Ruhepuls ein Hinweis auf ein gesundes und/oder gut trainiertes Herz ist. Wer mit Sport anfängt oder sein Training in einem vertretbaren Maß steigert, wird höchstwahrscheinlich seinen Ruhepuls senken.

Spannend zu beobachten: wenn ich mir tatsächlich mal eine Erkältung oder gar eine Grippe eingefangen habe, geht der Ruhepuls in die Höhe. Dieser erhöhte Ruhepuls stellt sich teilweise sogar ein, noch bevor andere Symptome einer Erkältung bemerkt werden können. Oftmals bekomme ich das nur durch die Pulsmessung meiner Fitness-Uhr wirklich mit. Auch nach der Entfernung einer Niere Anfang Mai ging der Ruhepuls schlagartig nach oben. Der Körper meldet: „Hier ist was nicht in Ordnung. Ich muss da erst mal was klären.“

Nach einer schweren OP kann der Ruhepuls ordentlich nach oben gehen

Also: wenn der Ruhepuls auf einmal akut nach oben geht, in den Körper hineinhorchen und im Zweifelsfall auf zu intensives Training verzichten.

Puls und Training

Weisheit des Tages: Training ist nicht gleich Training. Jeder, der nach einer Radtour schon mal zuhause erschöpft auf die Fußmatte gefallen ist, wird das kennen: manchmal hat man einen Lauf und kann ohne große Anstrengung Bestleistungen abliefern. Aber manchmal klappt das eben auch nicht, vielleicht liegt einem der letzte Grillabend im wahrsten Sinne noch schwer im Magen. Auch gerade um böse Überraschungen zu vermeiden, habe ich mich sehr frühzeitig mit dem Thema Puls beschäftigt und geschaut, welcher Puls für meine Belange optimal ist. Das Wissen um die Pulszonen ist für jeden unabdingbar, der nicht nur einfach drauf lostrainieren möchte, sondern sich ein konkretes Ziel setzt und darauf hin trainieren will.

Der Maximalpuls

Gleich noch eine weitere Weisheit hinterher: jeder Mensch ist anders. Wow! Wieder was gelernt. Jeder Mensch hat seinen eigenen Maximalpuls. Dieser Maximalpuls bildet die Herzfrequenz ab, die ein Mensch unter extremer Anstrengung für eine gewisse Zeit (< 1 Minute) leisten kann. Im zunehmendem Alter geht der Maximalpuls langsam nach unten. Ein 70jähriger wird also auch bei größter Anstrengung vermutlich keinen Pulswert von 200 Schlägen/Min. schaffen (bitte gar nicht erst versuchen!). Dieser individuelle Maximalpuls ist wichtig, um die eigenen Leistungszonen zu berechnen, die ich im folgenden näher erläutere.

Wie berechne ich meinen Maximalpuls?

Im Bestfall gar nicht. Wer wirklich auf der sicheren Seite sein möchte, der wendet sich bei dieser Frage einfach mal an den Hausarzt oder Internisten. Der wird einen dann nämlich dazu einladen, auf seinem praxiseigenen Ergometer platzzunehmen, sich mit lustigen EKG-Sensoren bekleben zu lassen und einen dann kräftig in die Pedale treten lassen. Kurzum: bei dieser Ermittlung des Maximalpulses seid Ihr unter medizinischer Aufsicht. So kann auch bei Erreichen der absoluten Belastungsgrenze nicht viel passieren.

Wer seinen Maximalpuls im Selbstversuch ermitteln will, kann beispielsweise beim Radfahren oder Laufen nach 10 Minuten Warmfahren/laufen mal versuchen, so richtig Vollgas geben und sich bis zur Erschöpfung auszupowern. Ihr merkt schon: das ist eigentlich nur etwas für versierte Sportler und in jedem Fall eine Option, von der ich dringend abraten möchte.

Die bequemste – und damit leider auf fehleranfälligste – Art seinen Maximalpuls zu ermitteln, sind die folgende mathematischen Formeln:

Für Frauen: Maximalpuls = 226 – Lebensalter in Jahren

Für Männer: Maximalpuls = 223 – 0,9 x Lebensalter in Jahren

Es sei darauf hingewiesen, dass es ähnliche Formeln gibt, die etwa „Maximalpuls = 220 – Lebensalter“ lauten, aber zum einen alle in eine ziemlich gleiche Richtung gehen und deren Ergebnisse auch nicht frappierend voneinander abweichen.

Da ich zuvor geschrieben habe, dass jeder Mensch eben unterschiedlich ist, auch hier noch einmal der Hinweis, dass mit dieser Rechenformel nur ein grober Richtwert ermittelt werden kann. (Kurzum: geht dafür lieber zum Arzt.)

Aber gehen wir es einfach mal beispielhaft durch. Ich bin 48 Jahre alt und männlich, meine maximale Herzfrequenz liegt also bei 179,8. Diesen Wert benötigen wir nun für die Ermittlung unserer Herzfrequenzzonen für unser Training.

Die Sache mit den Herzfrequenzzonen

Nachdem wir nun unsere maximale Herzfrequenz ermittelt haben – auf die eine oder andere Weise – müssen wir mal schauen, was wir mit diesem Wert machen können. Von ihm hängt nämlich maßgeblich ab, wie unser Körper auf verschiedene Intensitäten beim Training reagiert. Klar: wer nur gemütlich spaziert ist länger frisch als jemand, der vom Start weg Vollgas gibt.

Verschiedene Intensitäten bewirken im Körper unterschiedliche Ergebnisse. So viel ist anhand dieses einfachen Beispiels schon einmal klar. Wichtig ist es aber auch zu wissen, dass wir mit einem Training in unterschiedlichen Herzfrequenzzonen unterschiedliche Fähigkeiten unseres Körpers fördern.

Um unsere persönlichen Herzfrequenzzonen zu ermitteln, greifen wir einfach mal auf einen Pulszonenrechner zurück. Auch hier gibt es verschiedene, sich meist sehr ähnliche Formeln. Auf Meinpacerechner.de habe ich eine gefunden, die sehr übersichtlich ist und auch die Effekte gut zusammenfasst:

Meine Beispielberechnung für eine maximale Herzfrequenz von 179 Schlägen pro Minute (Quelle: Meinpacerechner.de)

Hier seht Ihr beispielsweise meine Herzfrequenzzonen, an denen ich mein Training orientieren sollte.

Gesundheitszone

Diese Zone ist für den leichten Einstieg ins Thema Sport gut geeignet. Einen Pulsschlag zwischen 90 und 107 Schlägen erreicht man beispielsweise gut bei einem schnellen Spaziergang oder einer gemütlichen Radfahrt ohne schwere Anstiege. Bei diesem Training solltet Ihr jederzeit gut reden können und nicht aus der Puste kommen. Gerade im Bereich Rehasport ist die Gesundheitszone sehr wichtig, da sie vorrangig dazu geeignet ist, das Herz-Kreislauf-System zu stabilisieren und zu verbessern.

Fettverbrennungszone

Jetzt wird es schon spannender. Viele Menschen träumen davon, Fett zu verbrennen. Die gute Nachricht: das ist gar nicht so schwer! Denn mit einem Puls von 107 bis 125 Schlägen sollte eine Person, die ab und an aktiv ist, auch nach mehreren Stunden nicht wirklich außer Atem kommen. Es bedarf also keinesfalls einer totalen Überanstrengung, um Fett zu verbrennen.

Aber hier kommt zur allgemeinen Verwirrung ein wenig Zahlenspielerei ins Spiel. Die Fettverbrennungszone heißt so, weil hier der Körper anteilig am meisten auf Fettreserven zurückgreift, um den Sportler – im wahrsten Sinne des Wortes – „am Laufen“ zu halten. Da die Belastung hier aber noch in der sogenannten „Plauderzone“ liegt, man sich während des Trainings also noch gut miteinander unterhalten kann, werden hier natürlich auch nicht so viele Kalorien verbrannt wie beim Hochleistungstraining. Da für das Abnehmen eine möglichst große Differenz zwischen aufgenommenen und verbrannten Kalorien wichtig ist, spielt die Herkunft der Energie (in diesem Falle aus Fettreserven) eher eine untergeordnete Rolle.

Trotzdem: diese Pulszone kann ich allen sehr ans Herz legen, die es nicht übertreiben wollen, sondern auch nach dem Sport noch Energie für anderes haben möchten. Bei dieser Trainingsintensität wird ganz nebenbei auch noch das Herz-Kreislauf-System gestärkt und stabilisiert.

Aerobe Zone

Das ist einer von diesen Fachbegriffen, die man schon einmal gehört hat, irgendwie mit „Sport“ verbindet, aber vielleicht doch nicht ganz verstanden hat. In der aeroben Zone nimmt das Training schon etwas mehr Fahrt auf. Hier ist zwar der Anteil der Fettverbrennung nicht mehr so hoch, dafür hat diese Zone aber andere positive Auswirkungen auf den Körper. Ein Training, das hauptsächlich in der aeroben Zone stattfindet, steigert beispielsweise die Ausdauer und auch das Lungenvolumen. Wer viel in dieser Zone trainiert wird auf lange Sicht sowohl seinen Ruhepuls als auch seine Atemfrequenz positiv beeinflussen. Beide Organe – Herz und Lunge – werden bei diesem Training optimal gestärkt. Gesunde Sportler, die halbwegs regelmäßig in diesem Bereich trainieren, werden schon nach kurzer Zeit nach einem einstündigen Training kaum Ermüdungserscheinungen spüren.

Die aerobe Zone ist also der optimale Trainingspuls für Einsteiger und alle, die ihre Ausdauer verbessern wollen.

Anaerobe Zone

Jetzt wird es schon hammerhart. Hier greift das alte Sprichwort „Man wächst an seinen Aufgaben“. In diesem Fall wächst der Körper nämlich am Mangel an Sauerstoff (aero = griechisch für „Luft“). In diesem Herzfrequenzbereich schafft es der Körper nicht mehr, den Sauerstoffbedarf zu decken. Die Muskeln müssen jetzt die Kohlenhydrate ohne genügend Sauerstoff in Energie umwandeln. Problem: ohne Sauerstoff werden keine Fette verbrannt. Wer also gezielt Fett verbrennen möchte, trainiert hier über Gebühr und könnte es lockerer angehen lassen und trotzdem ein bessers Ergebnis erzielen.

Als ein Resultat aus häufigem Training in der anaeroben Zone passt sich der Körper an und verschiebt die sogenannte „anaerobe Schwelle“ weiter nach oben. Will heißen: es braucht nach einer Weile immer intensiveres Training, damit dieser Kraftmaschine die Luft ausgeht.

Aber was sich hier so lustig anhört, sollte vom Hobbysportler respektvoll aus der Ferne betrachtet werden. Während Leistungssportler durchaus Trainings mit einem hohen Anteil an anaerober Zone bewältigen, kommt der Amateur da schnell an seine Grenzen. Nicht überschätzen! Um seine Leistung auch bei einem Training mit einem gewissen Anteil an anaerobe Bereichen zu verbessern, sollte der geneigte Leser mal einen Blick auf das Stichwort „HIIT“ (High Intensity Interval Training) legen. Lapidar gesagt: hier wird nach einem speziellen System bei einem normalen Training regelmäßig für kurze Zeit „ein Gang höher geschaltet“, um Trainingsimpulse zu setzen.

Meine Empfehlung: wer beim Radfahren einfach nur Spaß haben möchte und sich nicht in Gefahr bringen will, der sollte höchstens mal bei einem intensiven Anstieg kurzzeitig in die anaerobe Zone kommen. Doch auch hier rate ich eher dazu, auch mal vom Rad zu steigen und eine Pause zu machen, anstatt außer Atem immer weiter erschöpft in die Pedale zu treten.

Da ist der Mensch tatsächlich nicht anders aufgebaut als Pedelec oder Elektroauto: intensive Beanspruchung zieht ordentlich Akku. 😄

Gefahrenzone

Jetzt wird es richtig gefährlich. In diesem Pulsbereich solltet Ihr ebenso nur sehr kurz bleiben. Wenn es akut bergauf geht, dann könnt Ihr – soweit Ihr gesund seid – sicherlich auch mal für ein paar Sekunden in diesen Bereich Eurer Belastungsgrenzen kommen. Aber auch hier gilt: lieber pausieren als die Gesundheit aus falsch verstandenem Ehrgeiz auf Spiel zu setzen.

Meine persönlichen Erfahrungen mit Pulsbereichen

Ich weiß noch wie ich früher nach gar nicht mal allzu langen Radtouren pitschnass nach Hause gekommen bin. Auch auch nach der wohltuenden Dusche war ich an dem Tag zu nix mehr zu gebrauchen. Sobald ich aber bei meinen Radtouren darauf geachtet habe, einen Puls von 140 möglichst nur bei kurzen Anstiegen zu übersteigen, ging es mir nach den Touren entschieden besser. Wenn ich eine Radtour gemacht habe und dabei überwiegend den Puls bei 150 und darüber hatte, ging es mir ordentlich an die Energiereserven.

Heutzutage wechsel ich bei meinen Trainings je nach Lust, Laune und Befinden ab. Mal mache ich ein sehr kurzes, aber intensives Training. Am nächsten Tag werde ich zum Genussradler. Der Puls steigt dann nur an Steigungen auf maximal 130 bpm (Pedelec vorausgesetzt 😏). Wie genau ich meinen Puls überwache, das erfahrt Ihr dann in einem anderen Artikel.

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